Energie sinnvoll einsetzen oder: für die Menschen statt gegen den Hass. #bloggerfuerfluechtlinge

In letzter Zeit habe ich einige Texte und Posts gelesen, in denen es darum ging, Flüchtlingsgegner_innen, „besorgten Bürgern“, Facebook-Hatern etc. nicht nur verspottend oder gleichermaßen hasserfüllt entgegen zu treten. Das ergibt erst einmal Sinn. Witze über mangelhafte Orthografie werden nicht dafür sorgen, dass der gemeine „besorgte Bürger“ seine Einstellung nochmal ordentlich überdenkt. Allerdings frage ich mich allmählich, ob es überhaupt irgendeine Möglichkeit der Kommunikation gibt. Gegenargumente, Gespräche oder Diskussionen scheinen jedenfalls keine Alternative zu sein.

Ich weiß, das passiert gerade ständig und überall – deshalb nur ganz kurz folgende Situation: Montagmorgen, kurz vor neun, schon an die dreißig Grad, ich warte am Bahnhof eines kleinen Orts zwischen Gotha und Eisenach. Mit mir wartet eine Truppe Radfahrer in bunten Trikots, fünf Männer etwa Ende fünfzig. Während ich noch überlege, meine Kopfhörer auszupacken, schnappe ich Gesprächsfetzen auf: „In zehn Jahren gehen die hier auf die Straße und wollen ihren scheiß IS verbreiten, ich sag’s euch. Das werden ja immer mehr!“ Bei Weitem nicht das erste Mal, das ich so einen Quatsch höre, aber verdammt, es ist gerade mal neun Uhr, die Sonne knallt und ich habe nicht gefrühstückt. Also mische ich mich ein und sage etwas wie „Tschuldigung? Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst?“

Der Radler legt los: „Na gucken Sie sich doch mal um! Gucken Sie mal in Köln, da gibt’s schon mehr Moscheen als Kirchen. Wo wohnen Sie denn, wohnen Sie in Köln, kriegen Sie das da mit?“

Die Chance auf ein sinnvolles Gespräch schwindet parallel zum Anstieg seiner Sprechlautstärke. Ich fange ein paar Sätze an, die möglichst nicht zu belehrend klingen sollen, werde aber immer wieder unterbrochen: „Haben Sie Kinder? Haben Sie?? Warten Sie mal ab, bis die in die Schule kommen, da werden Sie sich noch wundern!! – Da kommen doch Millionen! Dieses Jahr kommt noch ne Million, nächstes Jahr dann zwei, das nimmt kein Ende mehr!!! – Wie naiv sind Sie denn?!!“ Sämtliche Ausrufezeichen konnte ich quasi spüren.

Diese Faktenresistenz, die komplette Verweigerung von Tatsachen, sonst-woher-genommene schlicht falsche Information – alles nichts Neues. Irgendwo zwischen Berichterstattungen aus Syrien und geplanten Unterkünften wird aus fliehenden Menschen zwanghaft eine diffuse Gefahr gemacht. Die Tatsache, dass diese Menschen um ihr Überleben kämpfen, wird komplett ausgeblendet. Man kann nach Gründen hierfür fragen. Man kann versuchen, zu analysieren, was für eine Art von Verdrängung das ist. Man kann versuchen, zu kommunizieren. Aber ich glaube, dass es hier weder an Gesprächen noch an Bildung noch an Rechtschreibkenntnissen mangelt, sondern ganz einfach an Menschlichkeit.

Und es macht mich furchtbar müde, solche Gespräche zu führen, die eigentlich nur ein hoffnungsloses Aufeinanderprallen von Aussagen sind. Es macht mich müde, mich einzumischen, und vielleicht ist es wirklich naiv, anzunehmen, dass diese eingefahrenen Haltungen durch ein paar hübsch arrangierte Argumente aufgebrochen werden könnten.

Die Energie, die für so etwas verpulvert wird, lässt sich weitaus sinnvoller nutzen, wenn sie nicht primär gegen diesen Hass, sondern für Flüchtlinge und eine Verbesserung ihrer Situation aufgebracht wird.

Da gibt es zum Beispiel die Initiative #bloggerfuerfluechtlinge von Nico LummaStevan PaulKarla Paul und Paul Huizing.

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Jede_r kann etwas tun, egal ob on- oder offline. Egal, wie knapp die Zeit oder wie viel man unterwegs ist, egal, ob man gerade anderes im Kopf hat. Konkret sieht das bei #bloggerfuerfluechtlinge so aus:

Wenn du aktiv helfen möchtest, gibt es viele Möglichkeiten!

  • Du kannst Geld spenden!
  • Du kannst Sachspenden leisten!
  • Du kannst vor Ort nachfragen inwiefern Hilfe benötigt wird.
  • Und wenn Du Blogger, Podcaster oder V-Blogger bist, kannst Du unsere Botschaft Teilen.
  • Und vor allem kannst du aktiv dazu beitragen, dass Flüchtlinge in der Mitte unserer Gesellschaft akzeptiert werden.

In diesem Sinne: Spread it. Schreibt darüber. Spendet. Helft mit. Statt gegen Hassparolen anzubrüllen und dabei auf Granit zu beißen – aktiv werden und die Lage verbessern.

#refugeeswelcome