Nie so sehr das Aufbrechen, das Anhalten, das Zählen von Kilometern, nie so sehr das Bemerken von Entfernung.

Ich hätte nie so sehr freie Tage gebraucht wie jetzt; nie habe ich mich mehr nach etwas gesehnt, das nicht da ist, gerade, das vielleicht sehr simpel ist, es sähe womöglich so aus: liegen, irgendwo, oder in einer bequemen Position halbsitzen, ein Buch, mindestens 400 Seiten, ein kleiner Spannungsbogen, Sonnenmilchgeruch auf der Haut, eine Wiese, ein Zelt, ein sandiger Untergrund, ein Wasser, ein Meer, ein Himmel, irgendwo oben.

Ich hätte nie mehr als jetzt gebraucht, morgens aufzuwachen und zu allererst an Temperaturen zu denken, Temperaturen von Wind und Wasser und von Kaffee; ich hätte nie mehr als jetzt gebraucht, Pinien zu riechen und die Gasflamme und das Spiegelei; ich hätte nie mehr gebraucht, später dann selbst ganz spiegeleiig zu werden oder milchig, im Kopf, nach Stunden in einer verlässlichen Hitze, an einem Strand, vielleicht sogar ohne Sonnenschirm, dieses Tief am Nachmittag, in dem nur eiskalte Dosencola hilft, nie hätte ich das so sehr gebraucht.

Nie hätte ich mir so sehr den Geruch von gegrilltem Fisch gewünscht, ja wirklich, und auch mit Zitrone, nie so sehr den Rucksackschweiß am Rücken, auf den Schultern; nie so sehr die Suche nach einer eigenen Bucht, nie so sehr diesen leichten Rausch nach zwei Gläsern zu teurem Wein in zu teuren Restaurants, nie so sehr das Kochen auf zwei Platten, die Improvisation, das eiskalte Wasser beim Abwasch von Plastikgeschirr, nie so sehr das andächtige Bestaunen von Bussen und Wohnwagen, von hausgroßen Zelten, nie so sehr die abendlichen Rundgänge in einer Gemächlichkeit, und nie so sehr das Geräusch beim Zuziehen der Reißverschlüsse, die Wellen in den Gliedern, den Körper verpackt in Polyester, das in-die-Tage-Hineinfallen, aus geschaukeltem Schlaf und mit salzsträhnigen Haaren, nie so sehr das Ziehenlassen, das unauffällige Verstreichen von Zeit, nie so sehr das Aufbrechen, das Anhalten, nie so sehr das Fahren, das Zählen von Kilometern, nie so sehr das Bemerken von Entfernung, nie so sehr wie jetzt.

(via inanbetracht)