Loslassen, das kannst du, beinahe im Schlaf und angeblich gut.

Loslassen, das kannst du, beinah im Schlaf und angeblich gut. Das ist ja auch einfacher als Festhalten, sagst du, kostet nicht so viel Kraft und erst recht nicht so viele Nerven.

Da gibt es ja auch diese Menschen, die davon reden, endgültig ihre Nerven zu verlieren. Früher hast du das ernst genommen. Bei deiner Mutter zum Beispiel, da hast du dir tatsächlich Sorgen gemacht, du dachtest: und was passiert dann? Was musst du tun, ist da erste Hilfe nötig oder ein Krankenwagen? Wird sie umfallen, wenn es soweit ist, oder passiert so was ganz nebenbei, sodass Außenstehende es gar nicht bemerken, wenn da jemand die Nerven verliert?

Wenn du jetzt daran denkst, ist das eine winzige Erinnerung, verschwommen und weit weg und irgendwie lustig. Weil du ja irgendwann älter wurdest und die Dinge verstanden hast, und dann blieb vielleicht nur noch ein amüsiertes Schmunzeln, vielleicht auch bloß ein Gedankenzucken, wenn du jemanden hast sagen hören: ich verlier die Nerven.

So hat dann wohl auch das Loslassen angefangen, auf eine abstrakte Art, das mutmaßt du. Durch dein Verstehen und dein Neubewerten, durch die lose Hinnahme solcher Sätze, ohne unmittelbar ein Bedürfnis zu verspüren, ohne gleich helfen zu wollen. Weil man ja auch gar nicht helfen kann, ist doch Quatsch, ist auch gar nicht verlangt oder eben möglich.
Und wenn man das nicht hinter sich lässt, wenn man krampfhaft daran festhält, dann zerrt und zerrt das und dann nimmt das einen ganz schön mit. Mehr als das Loslassen. Viel mehr.