Wenigstens etwas (874)

1000zeichen:

VON SVENJA GRÄFEN

Wir stolpern so durch halbe Tage, die am Abend zerfallen und sich aus Bruchstücken zusammensetzen. Dann fällt uns ein: es gab ein Zähneknirschen, ein Aufstehen, ein Gähnen am Frühstückstisch. Es gab ein Aufraffen, es wurden Schuhe angezogen und Türen abgeschlossen. Dann rannten wir zur Bahn und klammerten an Haltegriffen, dann nahmen wir die Treppen und kamen irgendwo anders ans Tageslicht, dann schrieben wir mit oder beantworteten Emails, und später aßen wir teures Kantinenessen, dem wir durch Salz aus Papiertütchen einen Geschmack zu verleihen versuchten. Hier und da erfüllten wir Pflichten, und nach ein bisschen Rotation fanden wir zuhause ruhige Räume vor, die den ganzen Tag über schon existiert haben mussten. Während wir woanders waren: hat dort das Kühlschrank-Summen immer wieder eingesetzt, standen dort die ganze Zeit die benutzten Kaffeetassen in der Spüle, passierte dort nichts weiter. Und wir: hängen in einem fremden Gestern fest und versuchen, uns an irgendetwas zu erinnern.

(Heute: ein kleiner Text von mir bei 1000zeichen.de)