Es sind jetzt auch dort Baustellen, wo wir vor einer Zeit gesessen haben, vor Wochen oder Monaten, als ein Minimalfrühling war, als wir uns Temperaturen entgegen schälen konnten. Dieser Tage werde ich unruhig beim Fahrradfahren, es macht mich aggressiv, wie die Menschen zu träumen scheinen, ihre Blicke werfen sie achtlos in den Himmel oder auf die Füße, sie sehen nichts, sie hören nichts, sie bewegen sich fort in einer Lethargie, ohne an ihren Schritten teilzuhaben; ich bremse. Ich bremse und lenke, ich umfahre menschliche Hindernisse, ich rase doch selbst in einer Lethargie, meine Schultern drücken mich zurück. Ich bin doch selbst in einem Wirrwarr von Notizen und Listen zerstreut, keine Konzentration dauert länger als fünf Minuten, automatisch schweifen Blicke und Gedanken ab, immer wieder, manchmal muss man sich daran erinnern, dass man gerade am Straßenverkehr teilnimmt. Es ist das Wetter, das schizophren ist, es ist die Stadt, die ekelhafte Manie versprüht bei jedem kleinen Sonnenstrahl, komm doch mal raus jetzt, setzt dich doch mal hin, schau, hier ist es doch schön. Zu Baulärm frühstücke ich spät und zu Baulärm schlagen wir uns Sätze aus den Mündern, zu Baulärm schütteln wir die Arme gegen unsere Lethargie, gegen den Stumpfsinn alle fünf Minuten, gedanklich haken wir ab und streichen wir durch und es fällt uns doch immer noch ein Punkt ein, noch etwas, das eingearbeitet werden muss in die schiefe Struktur eines Daseins. Wie ein Weltall sind uns die Köpfe, wie eine riskante Operation scheint uns der Berg, so als hätten wir tatsächlich etwas zu verlieren; die Pupillen sind folienüberzogen und die Gehörgänge verstopft; da sind mir die Hände gebunden, sagt man, aber in Wahrheit stecken sie in imposanten Handschuhen, jede Feinmotorik erstickt, jedes Greifen ist unmöglich. Zu Baulärm schultern wir Rucksäcke, zu Baulärm treten wir in die Pedale, zu Baulärm rotiert eine Stadt. Wie ein Weltall sind uns die Köpfe und geschwollen schlägt sich das Trommelfell selbst, es ist ein eigenartiger Rhythmus; ich denke an den Minimalfrühling, in dem es noch keine Baustelle gab, nicht hier.
via inanbetracht